Andacht zu Gründonnerstag
(Wenn eine Bibel zur Hand ist): Lesung vom Evangelium nach Markus, Kapitel 14, Verse 12-28
Fast vier Wochen haben wir schon hinter uns:
Neue Gesetze traten in Kraft, die unser Leben von heute auf morgen veränderten. Die Krippen, Kindergärten und Schulen schlossen, Geschäfte blieben zu, und man durfte sich kaum noch mit anderen Menschen treffen.
Unser Leben wurde ganz schön durcheinandergeworfen. Von jetzt auf gleich wurden wir auf eine harte Probe gestellt. Und viele Menschen fragen sich: Was wird werden? Wie können wir erfolgreich gegen das Virus kämpfen? Wie wird die Zukunft wohl aussehen? Wann können wir wieder zum Alltag zurückkehren? Manch einer fragt sich: Wann kann ich meine Freunde und Verwandten wiedersehen? Wann sehen sich Enkel und Großeltern wieder? Und auch: Wie wird es mit der Arbeit werden? Was kommt auf einen zu? Die jetzige Zeit kann einen verunsichern. Manch einer hat Angst.
Sich unsicher fühlen und die vielen Fragezeichen im Leben verbinden uns genau mit den Menschen, die Jesus am allernächsten waren: mit den Jüngern. Auch in ihrem Leben veränderte sich alles. Von jetzt auf gleich sollte nichts mehr so sein, wie zuvor. Sie waren es gewohnt, mit Jesus von Ort zu Ort zu gehen. Schon am Ortseingang liefen ihnen die Menschen entgegen. Alle wollten zu Jesus und zu ihnen. So war es auch noch am Sonntag, als sie nach Jerusalem kamen. Doch jetzt, am Donnerstag saßen sie zusammen. Noch feierten sie das Passahfest, das Abendmahl. Eigentlich ein ganz normales Fest. Doch auf einmal sprach Jesus über die Zukunft. Er sagte sinngemäß: „Ich werde bald nicht mehr mit euch feiern können.“ Und später als sie fertig gegessen hatten, gingen sie raus. Und wieder sprach Jesus über die Zukunft: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.“ (Sacharja 13,7) Gemeint war: Jesus als Hirte, Jesus als Anführer, würde sterben, und sie, die Jünger, würden voneinander getrennt sein. Sie waren verunsichert. Sie, die Jünger, die eingeschworene Gemeinschaft, würden nicht mehr zusammen sein. Sie, die sonst viel Zeit miteinander verbrachten, wären bald voneinander getrennt. Alles würde sich verändern. Warum? Die Jünger wussten noch nicht des Rätsels Lösung. Wir haben heute einen großen Wissensvorsprung. Wir wissen, was in den Folgetagen geschah, und auch, was an Ostern passierte. Wir wissen: Es würde gut werden. Und nicht nur das: Es würde sogar noch besser werden als zuvor: Die Jünger verbreiteten Jesu Botschaft. Sie legten das Fundament für die weltweite Kirche. Aus 12 Jüngern wurden nach 2000 Jahren 2,2 Milliarden Christen.
Heute ist erst Gründonnerstag, und doch können wir schon ein bisschen den Geist des Osterfestes erheischen. Ich wünsche uns, dass wir optimistisch in die Zukunft blicken können. Auch wenn wir momentan verunsichert sind, so wie die Jünger damals, lasst uns versuchen so zu denken, als ob wir schon das gute Ende für uns heute wissen. Denn das Gute ist schon angebrochen, den Geist der Nächstenliebe finden wir auch heute: Nachbarn kümmern sich umeinander, Hilfsnetzwerke wurden aufgebaut, über die sozialen Netzwerke gibt es so viel Solidarität quer durch Deutschland und darüber hinaus. Menschen, die sich zuvor nicht kannten, helfen einander. Vieles ist möglich. Mögen wir uns immer daran erinnern: Gottes Geist begleitet uns auch durch diese Zeit.
Zum Schluss möchte ich Ihnen und euch noch Worte von Martin Luther King mit auf den Weg geben:
„Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große, segnende Kraft gibt, die Gott heißt.
Gott kann Wege aus der Aussichtslosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln. Zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.“
Pastorin Helen-Kathrin Treutler